Samstag, November 03, 2007

McKinsey und BDI initiativ – Wirtschaft für Klimaschutz

Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland

Eine Analyse von Dietmar Helmer zur Studie vom 25.09.2007 von McKinsey, welche im Auftrag von „BDI initiativ – Wirtschaft für Klimaschutz“ erstellt wurde.

Die Politik und die Industrie in Deutschland stellen immer wieder heraus, wie ehrgeizig (Politik) und anspruchsvoll (Industrie) die Ziele der CO2e-Vermeidung sind. 31% Reduzierung bis 2020 gegenüber der Basis von 1990 sind laut BDI gerade so machbar ohne den Standort zu gefährden. Der BDI legt nun eine „umfassende Studie“ vor, die das anspruchsvolle Ziel durch fundamentale wissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Analysen untermauern soll.
Die vier Sektoren Gebäude, Industrie, Energie und Transport werden mit ihren Einsparpotenzialen erörtert. Der BDI will aufzeigen, dass Klimaschutz eigentlich nicht viel kosten muss, wenn man nur die richtigen Arbeitsfelder betrachtet. 26% des Sparpotenzials bei CO2e sind ohne Einbuße für Wirtschaftswachstum und Lebensqualität sowie unter Beibehaltung des Kernkraftausstiegs machbar.
Meine Analyse zeigt auf, dass die Bestrebungen des BDI und der Politik weder anspruchsvoll noch ehrgeizig sind.
Für McKinsey-Deutschlandchef Frank Mattern stellt die Untersuchung eine objektive und breit abgesicherte Faktenbasis dar. Er will die Öffentlichkeit glauben machen, dass Objektivität gleichbedeutend mit Unabhängigkeit ist. Wie eindimensional und fokussiert die objektiven Daten der Studie in eine bestimmte Richtung weisen, ist nicht sofort durchschaubar.
Zwei Fakten bilden sich aus der Studie als Tenor heraus: 1. Die Industrie tut bereits alles Notwendige, um dem Klimaschutz zu dienen. 2. Ohne Atomkraft geht es nicht.

Lobbyismus ist ein weites Feld. Für die Studie können wir dankbar sein. Sie zeigt auf, wie der BDI mit Frontmann Jürgen Thumann und die deutsche Industrie denken. Insbesondere rechtfertigt die Studie, warum der Innovationswille der deutschen Energiewirtschaft und der deutschen Autoindustrie so gering ausgeprägt ist.
Vor allem der Industrie sei großer Dank gezollt, dass die Treibhausgasemissionen in Deutschland von 1232Mt im Jahr 1990 auf 1025Mt im Jahr 2004 zurückgegangen sind. Dass der wesentliche Anteil an dieser Reduzierung dem Untergang der DDR-Industrie und DDR-Energiewirtschaft zu verdanken ist, wird dabei selbstverständlich nicht besonders herausgestellt.
Leider ist es der deutschen Industrie nicht möglich, bis 2020 umfangreich den CO2e-Ausstoß zu reduzieren. Bei anhaltendem Wirtschaftswachstum ist allenfalls mit einem konstanten CO2e-Ausstoß zu rechnen. Die Energiewirtschaft kann ebenfalls nur einen geringen Beitrag zur Reduzierung des CO2e-Ausstoßes bis 2030 leisten. Es gibt gemäß der Studie scheinbar nur geringe Einspar- und Effizienzpotenziale.
Die wahren Potenziale der CO2e-Reduzierung liegen angeblich in der Carbon Capture and Storage (CCS)-Technologie, die frühestens ab 2030 nennenswert zur Verfügung steht.
Der Ausbau der erneuerbaren Energien kann dazu führen, dass die Emissionen um 20% gesenkt werden. Die vier Energiemonopole werden an der Änderung des Energiemix möglicherweise nur eine untergeordnete Rolle spielen, wenn man den historisch gewachsenen Anteil der Wasserkraft aus den Berechnungen herausnimmt. Vielleicht werden die Offshore-Windparks den Anteil der EE nennenswert anpassen.
Monopolgewinne bei weitgehend abgeschriebenen Kraftwerken und „windfall profit“ in Milliardenhöhe durch die Einrechnung der kostenlosen CO2-Zertifikate zu Marktpreisen in die Kostenrechnung werden auch in den nächsten Jahren die Partystimmung bei den Energiekonzernen und deren Aktionären nicht verderben, wenn die Politik die Rahmenbedingungen nicht modifiziert.
Nehmen wir die objektiven Zahlen der BDI-Studie und stellen diese in einen anderen Kontext. Wir werden sehen wie „ehrgeizig und anspruchsvoll“ unsere Politik und Industrie tatsächlich sind.

Das Lieblingsbasisjahr der Politik und der Industrie und deren Berater ist das Jahr 1990. Einige erinnern sich noch daran, dass das der Zeitpunkt des Zusammenbruchs der ineffizienten DDR-Energiewirtschaft und der Sozialismusindustrie war. Innerhalb von 5 Jahren konnte der CO2e-Ausstoß in Deutschland ganz wesentlich durch diesen Effekt von 1232Mt im Jahr 1990 auf 1096Mt im Jahr 1995 um 11% reduziert werden.
Nehmen wir als Basisjahr nicht das Kyoto-Jahr 1990, sondern das Jahr 1995, sind die 31% Reduzierung von CO2e bis 2020 unter Berücksichtigung des Energiemix gar nicht mehr so ehrgeizig und anspruchsvoll. Es sind jetzt (von 1096Mt auf 853Mt) nur noch 22% in 25 Jahren. Geht man natürlich davon aus, dass die Zeitreihe nun fünf Jahre kürzer ist und der Einmaleffekt des Niedergangs der sozialistischen Wirtschaftsordnung nicht wiederholbar ist, könnte man auf den Gedanken kommen, dass man sich nun doch ein wenig anstrengen müsste, um die CO2-Ziele zu erreichen.
Für den globalen Klimawandel und den globalen CO2e-Ausstoß sind absolute Zahlen einzelner Staaten zwar wichtig. Für die Ermittlung von Handlungsmöglichkeiten sind aber neben den relativen Zahlen pro Kopf auch die Verursachungsquellen entscheidend. Deutschland ist eines der wenigen Länder, deren Bevölkerung schrumpft. 1995 betrug die Bevölkerung ca. 81,7Mio. In 2020 sind es gem. Angabe der Studie noch ca. 80,7Mio und im Jahr 2030 noch ca. 78,5Mio.
Will man messen, was ein Land tatsächlich für die Reduzierung des CO2e-Ausstoßes tut, muss man den CO2e-Ausstoß pro Kopf betrachten.
Es ist Aufgabe der Weltklimakonferenz der UNO und anderen Weltkongressen, diesen Pro-Kopf-Wert in Korrelationen von z.B. BIP, Produktivität, Effizienz, Außenhandel, Transport u.a. zu setzen, um einen realistischen inneren Wert der CO2-Verursachung zu ermitteln.
Beispielsweise ist zu prüfen, wem man den CO2e-intensiven Abbau von Rohstoffen in Entwicklungsländern zuordnet. Die Nutznießer sind oftmals die Industriestaaten.
Wenn wir uns die Bevölkerung in Deutschland anschauen, stellen wir fest, dass wir 1995 bei 1096Mt und 81,7MioEW relativ 13,4toCO2/pro Kopf verursacht haben und dieser Wert im Jahr 2020 bei der Betrachtung des „Szenario geringe Kosten“ bei 907Mt und 80,7MioEW relativ auf 11,2toCO2/pro Kopf sinkt. So bleiben nur noch ca. 16,4% der anspruchsvollen 31% übrig.
Es ist zu beachten, dass ich genau die gleichen objektiven Zahlen von McKinsey und des BDI als Grundlage nehme. Die Zahlen werden nur in einen anderen Kontext gestellt.
Leider verfüge ich nicht über eine Datenbasis, wie groß die Verlagerungskapazitäten der energieintensiven Industrien und der Energiewirtschaft seit 1990 waren und künftig sein werden. Denn allein durch die Verlagerung von Fabriken und neuen Kraftwerken ins Ausland und die Stilllegung des Betriebes oder die Kraftwerksstilllegung in Deutschland kann die Statistik weiter entsprechend den für die interessierten Kreise notwendigen Anforderungen gestaltet werden.
Niemand möchte Unternehmen daran hindern, neue CCS-Kraftwerke im benachbarten Ausland zu bauen oder z.B. eine Lachgasfabrik in Ägypten. Dass hierbei für die Unternehmen ein Sonderprofit erzielbar ist, da man nun auf einmal Emissionshandelszertifikate erhält, die man verkaufen kann, ist durchaus erstaunlich. Die Tatsache allein, dass eine neue Fabrik gebaut wird, reicht offenbar im Einzelfall schon aus, um Zertifikate zu erhalten. Ob die Fabrik sowieso gebaut worden wäre, weil die Weltwirtschaft wächst, ist hierbei zweitrangig. Ob dadurch tatsächlich alte Produktionsanlagen abgeschaltet werden, die sowieso nicht mehr konkurrenzfähig gewesen wären, scheint niemanden wirklich zu interessieren. Alle Welt wundert sich nur, dass die Emissionen immer weiter zunehmen. Hauptsache der virtuelle Handel mit Zertifikaten treibt seine Blüten. Bezahlen müssen das alles die Verbraucher ohne dass der Nachweis des Nutzens für das Klima erbracht werden muss. Es erscheint mir aber wesentlich, ob durch eine Technologie tatsächlich eine Substitution stattfindet, um für den Sinn des Zertifikatehandels als Beitrag zum Klimaschutz geeignet zu sein. Virtueller Derivatehandel um seiner selbst willen löst nicht die Fragestellungen des Klimawandels.
Es bedarf dringend internationaler Normen, unter welchen Bedingungen man die Zertifikate anerkennt. In 10 Jahren werden 100te Mrd. Dollar/EUR in Zertifikaten gehandelt, weil alle Welt so viel für den Klimawandel tun will. Aber seltsamerweise wird der CO2e-Ausstoß weiter wachsen. Eine wunderbare virtuelle CO2e-Welt entsteht, an der einige „kluge Köpfe“ und Unternehmen sehr viel Geld verdienen; die Umwelt wird aber davon nichts haben.
Direkte Investitionen der Verbraucher werden erschwert, da das verfügbare Einkommen durch derlei Abschöpfungs-Maßnahmen weiter reduziert wird.
Es ist vollkommen unverständlich, dass die Politik zusieht, wie Investmentgesellschaften und Unternehmen das Geschäft mit den Zertifikaten im Namen des Klimawandels ungehemmt ausbauen, aber die Gelder nicht wesentlich für die zukunftsorientierten Technologien konsequent genutzt werden.

Bemerkenswert in der Studie ist zudem, dass McKinsey und der BDI mit aller wissenschaftlichen Macht feststellen, dass der Ölpreis im Jahr 2010 bei 57$ (max63$), im Jahr 2020 bei 52$(max. 68$) und im Jahr 2030 bei 59$ (max. 75$) stehen wird.
Die Investmentbank Goldman Sachs hatte bereits Anfang 2005 (!!) angenommen, dass es bald zu einem Ölpreis von 100$ pro Barrel kommen wird. Der Analyse sind offenkundig alle gefolgt, sodass wir im November 2007 bereits die 90$ deutlich überschritten haben.
Die Schuld dafür sucht jeder Handelnde natürlich beim Anderen. Wir Verbraucher bezahlen. Man testet eben aus, wie lange die Weltkonjunktur das aushält und schöpft ab, was der Markt hergibt. Wir können bezüglich des Öleinkaufs derzeit dankbar sein, dass der Dollar gegenüber dem Euro schwächelt. Sonst hätte die Bevölkerung des Euroraumes sich für den Winter warm anziehen müssen, da die Energiepreise und Spritpreise noch weiter angestiegen wären.
Man beachte, dass der Ölpreis 1996 bei einem Wechselkurs von ca. 1,30 $/EUR (bei 1USD=1,50DEM) bei 20$ lag. Im Jahr 2002 bei einem Wechselkurs von ca. 1,00 $/EUR bei 23$ und Ende 2007 bei einem Wechselkurs von ca. 1,45 $/EUR bei 90$. Wechselkursbereinigt aber ohne Berücksichtigung sonstiger Faktoren stand der Ölpreis pro Barrel demnach 1996 bei ca. 15€, 2002 bei 23€ und Ende 2007 bei 62€. Dieser Umstand wird aus vielerlei Gründen zweifellos Auswirkungen auf die Weltkonjunktur haben.
Kann man in einer solch umfassenden Studie, wie der des BDI wirklich ernsthaft ohne tendenzielle Absichten annehmen, dass wir in 13 Jahren ein Barrel Öl für 66$ (Wechselkurs 1 EUR = 1,2 USD, d.h. für 55€) erhalten, wenn wir heute bereits an Preise von 100$ gewöhnt werden? Eine der Hauptbegründungen für den Anstieg ist doch die hohe, dauerhafte Nachfrage nach Energie weltweit. Gibt es einen Grund, anzunehmen, dass sich die Entwicklungsländer und Schwellenländer nicht weiter zu mehr Wohlstand hin entwickeln? Wohlstandsmehrung bedeutet immer erhöhte Energienachfrage.
Ob diese Nachfrage Häuser sind, Wärme, Strom, Autos, Nahrungsmittel, ob es Produkte wie Kühlschränke, Fernseher, Computer, Telekommunikation, Maschinen, Werkzeuge etc. sind. Alles wird Energie benötigen. Zwar wird es weniger Energie pro erzeugte Einheit sein als heute, aber insgesamt mehr, weil die Einheiten schneller zunehmen, als die Effizienz pro Einheit gesteigert werden kann.
Die Annahme von 66$ für ein Barrel Öl in der Studie von McKinsey und dem BDI ist reiner Zweckoptimismus. Er lässt die neuen Technologien für erneuerbare Energien, neue Motoren, neue Maschinen, neue Werkstoffe, neue Speichermedien und Anstrengungen bei der Verbesserung der Energieeffizienz teurer erscheinen. Besser und ehrlicher wäre die Studie, wenn Sie die gleiche Datenbasis auch auf einem Ölpreis von 100$ und 150§ pro Barrel und bei wenigstens drei verschiedenen Dollarkursen zum Euro aufzeigen würde.
Die Politik und die Bevölkerung hätten so die Möglichkeit festzustellen, dass die Aufwendungen für einen wirksamen Klimaschutz gar nicht so revolutionär teuer sind, wie das neben der Industrie auch die Wissenschaft behauptet. Umwelt hat einen Preis. Lohnkosten, Materialkosten und Transportkosten sind selbstverständliche Bestandteile einer Kalkulation. Allmählich werden die externen Kosten für Umwelt in die betriebswirtschaftliche Kalkulation eingebunden.
Jeder Mensch erwartet einen Lohn für seine Arbeit. Dass die Unternehmen das Bestreben haben, diesen Preis möglichst gering zu halten, ist betriebswirtschaftlich gesehen legitim. Üblicherweise handeln die Beteiligten oder Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände den Lohn aus und einigen sich. Die Umwelt kann nicht für sich sprechen. Das ist Aufgabe der Politik. Da wirtschaftliche Handlungsweisen in einem Teil der Welt negative Folgen in einem anderen Teil der Welt haben können, muss es notwendigerweise einen Preis für diese Auswirkungen geben. Dem Geschädigten ist ein Ausgleich zu bezahlen, selbst und gerade, wenn der Geschädigte nicht unmittelbar Beteiligter des Geschäftes ist. Dieser Ausgleich kann fair letztlich nur durch eine Weltorganisation erreicht werden. Dies können neben Geldtransfers insbesondere Technologietransfers sein.
Derzeit ist man in grundsätzlichen Fragen des Klimawandels und dessen Auswirkungen noch völlig verschiedener Meinung. Man ist schnell bei den „Schuldigen“, wenn oberflächlich argumentiert wird. Dieses komplexe Thema bedarf einer komplexen Analyse. Allerdings taugen Studien, wie die von McKinsey und BDI nur bedingt, um ernsthaft an Lösungen zu arbeiten.
Solange Lobbyisten der Energiewirtschaft und der Industrie die Oberhand bei der Beurteilung dieser Themen und der Gewichtung der Parameter haben, wird es nicht zu weltweiten Reduzierungen von Treibhausgasemissionen kommen.
Wir Menschen in den Wohlfahrtstaaten haben nicht das Recht, den anderen Staaten deren Prosperität zu verwehren, welche wir seit Jahrzehnten genießen. Wir haben aber die Pflicht, mit unseren Technologien schnellstmöglich den Energiewandel zu bereiten, damit die aufstrebenden Staaten nicht erst mit fossilen Brennstoffen und Atomkraft ihren wachsenden Energiehunger befriedigen, sondern direkt in moderne Energie- und Speichertechnik investieren.
Dass wir dabei neue Märkte schaffen, neue Arbeitsplätze nachhaltig sichern und auch wie bisher ordentlich Geld verdienen können, steht nicht im Widerspruch zu einer zukunftsorientierten weltweiten Energieversorgung, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.
Den konsequenten weltweiten Energiewandel hin zu erneuerbaren Energien mit neuen Technologien und neuen Speichermedien bezeichne ich als „vierte industrielle Revolution“.
Genauso wie die „erste industrielle Revolution“ durch die Dampfmaschine, die „zweite industrielle Revolution“ durch die Elektrifizierung und die „dritte industrielle Revolution“ durch Technologien wie die Mikroelektronik, Telekommunikation, Computer, neue Materialien und Biotechnologie die Welt wesentlich verändert hat, so wird der Energiewandel wesentliche Veränderungen hervorbringen.
Die zukünftige Marktwirtschaft wird eine „Nachhaltige Marktwirtschaft“ sein. Wenn wir die Rohstoffe der Erde nachhaltig nutzbar machen, fossile Rohstoffe umweltbewusst nutzen und konsequent auf erneuerbare Energien setzen, werden wir die Treibhausgasemissionen in den nächsten zwei Jahrzehnten zumindest auf dem heutigen Niveau halten können.



Die Studie ist insoweit hilfreich, dass sie uns ein Verständnis für die Denkweisen des BDI und deren Hauptsponsoren und Berater gibt.
Objektiv richtige Zahlen werden aus nachvollziehbaren Gründen in spezielle Zusammenhänge gebracht, um letztlich aufzuzeigen, dass angeblich bereits alles Notwendige getan wird oder zumindest in die Wege geleitet ist. Die Industrie und deren Berater haben alles im Griff. Die Ökonomie soll weiterhin zulasten der Ökologie und der gesellschaftlichen Verantwortung uneingeschränkt dominieren. Die beiden Letzteren sind nur störende Kostenfaktoren bei der Erzielung der derzeitigen Traumrenditen auf das eingesetzte Kapital.
Die Marktwirtschaft macht es möglich, mit dem Klimawandel heute bereits Milliardenprofite zu erzielen, ohne tatsächlich in umfassendem Maße diese Profite in Investitionen zu lenken, die den Klimawandel möglicherweise begrenzen könnten. Bleibt der Umwelt zu wünschen, dass die UNO in der Lage sein wird, das Richtige zu tun.

Sonnige Grüße
Dietmar Helmer
www.buergerstrom.org

Sonntag, März 18, 2007

Das DIW, Frau Prof. Kemfert und die Kosten des Klimawandels

Im Wochenbericht 11/2007 wurde vom DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) durch Frau Prof. Claudia Kemfert die sehr beeindruckende Zahl von EUR 800.000.000.000 als Deutschlands Kosten für den Klimawandel von 2007 bis 2050 veröffentlicht.
Bis zum Jahr 2100 sollen diese Kosten sogar EUR 3.000.000.000.000 betragen.

Die Medien schreiben diese Zahlen ungefiltert ab, stellen Weltuntergangsszenarien dar und beschwören die Klimakatastrophe. Leider habe ich noch keinen einzigen Bericht gesehen, der diese Monsterzahlen auf Ihren Realwert reduziert.
Mal ganz davon abgesehen, dass die Wirtschaftsinstitute nicht mal ernsthaft in der Lage sind, die Konjunktur- und Steuerdaten für das nächste Jahr richtig zu bestimmen, sollte doch jeder Betrachter solcher „Studien“ sich fragen, was diese Zahlen eigentlich sollen.
Leider werden die Datenbanken dieser Studie bisher nicht veröffentlicht, sodass es nicht möglich ist, die Annahmen, die diesen Zahlen zu Grunde liegen zu prüfen.

Wenn wissenschaftliche Forschung heutzutage so aussieht, dass man mit finanzmathematischen Formeln dieses Schindluder bei einem der wichtigsten Themen der Menschheit betreibt, dann fragt man sich, wie seriös diese Art von Forschung ist und welchem Zweck Sie dienen soll.

Ein Beispiel soll das aufzeigen:
Sie wollen heute eine Lebensversicherung abschließen. Diese soll in 20 Jahren einen Auszahlungswert von EUR 100.000 haben. Bei einem Zins von nur 2% müssen Sie heute EUR 67.300 anlegen, um diesen Betrag zu erhalten. Bei 4% Zins sind das nur noch EUR 45.639. Bei 40 Jahren Anlagedauer und 2% sind es EUR 45.289 und bei 4% EUR 20.829.

Wenn Frau Kemfert einen Zukunftswert benennt, muss Sie auch einen Inflationsausgleich in diese Zahlen eingerechnet haben. Da die Datenbasis unbekannt ist, und die Reporter nicht nachfragen, welcher Barwert auf Jahresbasis des Jahres 2007 diesen Monsterzahlen zugrunde liegt, werden die Menschen verrückt gemacht und eher das Gegenteil erreicht, was vielleicht mit guten Absichten gedacht war.
Wissenschaftlich gesehen, wollte das DIW vielleicht einfach die externen Kosten für Energie darstellen?

Ich versuche an dieser Stelle etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Rechnen Sie mit! Die Formel für den Kapitalbarwert lautet:
Kapital o(Anfang) = Kapital n(Ende) : (1 + p(Zins)/100) hoch n(Jahre)
Da wir nach Kapital o (also dem heutigen Barwert) suchen ergibt sich bei der Lebensversicherung folgende Formel:
K o = 100.000 : (1 + 2/100) hoch 40 = K o = 100.000 : 1,0240 = (EUR) 45.289

Bezogen auf die Zahl des DIW von EUR 800.000.000.000 ergibt sich bei 44 Jahren ein Barwert bei 2% Inflationsrate von 334,72 Mrd. bei 3% von 217,90 Mrd. und bei 4% von 142,44 Mrd.
Wenn wir davon ausgehen, dass wir in den nächsten 44 Jahren nur eine Inflationsrate von 2% (3%) p.a. haben sollten, wären die Klimakosten per heute mit 334,72 (217,90) Mrd. anzusetzen.

So lag die durchschnittliche Inflationsrate seit Einführung des Euro im Euro-Raum bei praktisch 2 % – und damit sogar unterhalb des Durchschnitts der deutschen Inflationsrate in den Jahren 1990 bis 1998 (2 ¼ %) (www.bundesbank.de).

Das DIW vermischt die Kosten für Landwirtschaft, Tourismus, Industrie, Versicherungsschäden, Stürme, Dürren, Hochwasser, Ausgaben für Investitionen und Modernisierungen einfach in einem Topf, um letztlich nichts zu beweisen, außer dass man bei langen Betrachtungszeiträumen richtig große pressewirksame Zahlen ausrechnen kann.

Das DIW reduziert den Klimawandel auf eine primitive ökonomische Geld-Kostengröße. Oder soll behauptet werden, dass die Auswirkungen auf Flora und Faune, das Ausbreitungen von Krankheiten, Flüchtlingsströme, Veränderungen von Warenströmen, Lieferstopps von Öl, Gas, Kohle, Uran etc. in der Zukunft auch nur ansatzweise so berechenbar sind, dass eine ökonomische Abschätzung der Folgen möglich ist?
Annehmen kann man ja alles. Taschenrechner her, Formelansätze verändern, passt. Je größer die Zahl, umso größer die Pressewirkung.

Nun müssen wir die 334,72 (217,90) Mrd. ja nicht sofort ausgeben, sondern nehmen uns das Jahr 2007 mit dem heutigen Barwert vor. Demnach wären die Kosten für das Jahr 2007 bei 7,61 (4,95) Mrd. Rechnen wir nun den Betrag auf die 82.000.000 Bürgerinnen und Bürger dieses Landes um, ergibt sich ein Kosten-Barwert von EUR 93 (60) pro Kopf.

Genau, Sie staunen? Jeder Bürger dieses Landes hat heute all inclusiv nach der vorgestellten Monsterzahl des DIW bei 2% Inflationsrate nur 93 EUR Kosten für den Klimawandel zu tragen.
Als erster Einwand der Wissenschaftselite wird natürlich kommen, dass ich nicht einfach den Barwert auf das Jahr 2007 rechnen darf, da das Geld für die Kosten ja nicht auf einem Konto liegt und sich verzinst. Wenn ich aber auf das Sparvermögen der Inländer dieses Landes schaue, sehe ich sehr wohl ausreichende bereits heute existierende Geldmittel, um die Kosten des Klimawandels zu meistern.
Allein 2005 wurden in Deutschland € 159 Mrd. gespart. (http://www.bvr.de/public.nsf/index.html?ReadForm)

Das bedeutet, dass die Kosten des Klimawandels nicht einmal 5% des jährlich hinzukommenden Sparvermögens aller Bürger dieses Landes ausmachen. Bei dieser Betrachtung sind die Industrie sowie die Effizienzeffekte durch einen modernisierten Kraftwerkspark und bessere Gebäudedämmung, Autos, Haushaltgeräte und besseren Umgang mit Energie außer Acht gelassen. Das Wichtigste ist aber, die konsequente und massenhafte Umstellung des Energieparks auf erneuerbare Energien aktiv und ab sofort durchzuführen. Der Hebel für den Klimaschutz in Deutschland ist durch diese Maßnahmen noch um ein Vielfaches größer. Nachhaltige Marktwirtschaft wird so möglich.

Was hindert die Politik, die Industrie und die Menschen eigentlich daran, die angebliche Reduzierung des Bruttoinlandsproduktes von 0,5% p.a. in Investitionen zu lenken und so das BIP zu erhöhen. Das DIW geht auch sehr oberflächlich mit dem Kostenbegriff um, da suggeriert wird, dass Ausgaben für den Klimaschutz einen dämpfenden BIP-Effekt haben, was so natürlich nicht korrekt ist.
Drehen wir den Hebel um und sagen uns heute – im Jahr 2007: 93 EUR sind die angeblichen Kosten. 93 EUR pro Kopf und Jahr in Deutschland ist nicht zu viel Geld, um den Klimawandel zu begrenzen.
Bei der Investition dieses Betrages muss niemand auf irgendetwas verzichten. Keiner muss sich schuldig fühlen, dass er lebt und ein CO2-Verursacher ist. Hören wir endlich auf zu jammern, was alles kostet und wie teuer alles angeblich ist!

8 EUR pro Monat pro Person für den Klimaschutz ab sofort.
Fangen wir an – Energiewandel heute – Bürgerprojekt Photovoltaik – Bürgerstrom!
Sonnige Grüße
Dietmar Helmer

Sonntag, Februar 04, 2007

Weltklimabericht 2007 des IPCC - Das Klima ist an allem Schuld

AEI (American Enterprise Institute) lobt 10.000 Dollar aus für Wissenschaftler, die dem Weltklimabericht entgegentreten.
Vermutlich werde ich für meine Satire keine 10.000 Dollar Prämie erhalten.
AEI-OU (Allgemeine Erkenntnisse ignorierende Organisationsunion) wäre vielleicht auch ein schöner Name für einen Lobbyistenverein.

Klima ist kein Problem?!

Bestimmte industrielle, politische und wissenschaftliche Kreise haben in ihren letzten gemeinsamen Sitzungen eine unumstößliche Tatsachenfeststellung getroffen, die die Menschheit zu weiterem Abwartenhandeln bewegen wird:

Das Klima selbst ist schuld am Klimawandel!

Das Klima hält sich nicht an die Vorgaben von Industrie, Politik und Wissenschaft, sodass es zwingend erforderlich erscheint, dem Klima zu sagen, wie es sich zu wandeln hat.

Das Klima entwickelt sich immer mehr zu einem Kostenfaktor. Wir wissen aus der Betriebswirtschaft, dass man Kostenfaktoren niedrig halten muss, um maximale Gewinne zu erzielen. So wie bestimmte industrielle Kreise es z.B. bisher erfolgreich mit der illegalen Verklappung von Schadstoffen in die Weltmeere geschafft haben, Kosten zu reduzieren oder z.B. durch die Nutzung von Kinderarbeit günstige Bekleidung für die Wohlstandsgesellschaft zu schaffen, so muss man ebenfalls erfolgreiche Ausweichmechanismen gegen das Klima entwickeln.

Die ersten „guten“ (allerdings wissenschaftlich wohl ernst gemeinten) Ratschläge sind bereits am Markt.
(www.zdf.de –vorgestellt in der Sendung von Joachim Bublath am 10.01.2007)

1. Durch reflektierende Scheiben, die man mit Raumtransportern ins Weltall bringt, möchte man das Sonnenlicht brechen. Dadurch kommt weniger Sonnenschein auf die Erde, was die Temperaturen abkühlt.
Liebe Menschheit, dieser Vorschlag ist grandios! Derzeit werden Milliarden von CDs, DVDs und anderen Scheiben produziert für unsere PCs in der Welt. Wir müssen ein Gesetz erlassen, das alle Nutzer solcher Scheiben verpflichtet, diese nach Gebrauch an eine privat organisierte Sammelstelle - gegen Gebühr versteht sich - abzugeben. Hierbei können wir sicher die Erfahrungen mit unserem „Grünen Punkt“ gewinnbringend nutzen.
Die Sammelstellen bestücken dann die Raketen mit den CDs und schon ist nicht nur ein gut Teil Wertstoff entsorgt, um die Preise hoch zu halten, nein wir brauchen uns auch um das Klima keine Sorgen mehr zu machen........
In der zweiten CD Emissionsrunde ab 2012 werden dann alle Menschen verpflichtet, eine Mindestmenge an CDs zu kaufen, damit genug Reflektoren ins Weltall geschickt werden können.

2. Wir verteilen Schwefel in die Atmosphäre, da hierdurch chemische Reaktionen ausgelöst werden, die einen Teil der Sonnenstrahlen ins All umleiten.
Saurer Regen war schließlich ein Thema vor zwanzig Jahren. Die Hälfte des Waldes ist heute sowieso unwiederbringlich krank, also geben wir dem Wald den Rest, damit diese leidige Diskussion über das Waldsterben endlich aufhört........

Die Kosten für solche Vorschläge hat man nicht genannt. Interessant ist aber, dass man das Klima bekämpfen möchte und nicht die von Menschen gemachten Ursachen angeht. Hauptverursacher für die globale Erwärmung (global warming) ist das MEHR an CO2. Niemand streitet ab, dass es noch andere Ursachen gibt. Wenn wir die Natur als Feind betrachten, die sich nicht an die Vorgaben der Industrie, Politik und Wissenschaft hält, dann ist das ein Irrweg.

Wenn es möglich wäre, die hunderten von Milliarden an Dollar oder Euro zu beschaffen, um irgendetwas in die Atmosphäre oder ins All zu schicken, warum gibt man das Geld nicht für den Bau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien aus?

Nun, liebe Mitmenschen, ich nenne Ihnen einen ganz wichtigen Grund, warum man nur Vorschläge macht, die der Großindustrie nützen:
Die Gewinne, die man mit solchen Projekten machen kann, sind astronomisch. Man bleibt beim Geld verdienen unter sich und die Menschheit kann weiter gemolken werden. Der Aufbau einer Ressourcen schonenden, unabhängigen, Arbeitsplatz schaffenden, wachstumsfördernden, sicheren und unbegrenzt verfügbaren Energieversorgung ist schlecht für die Großindustrie. Etwas, das jederzeit und überall verfügbar ist, hat keine Preissteigerungsphantasie mehr, hat keine Börsenstory mehr. Wohin gehen wir, wenn alle Menschen, alle Länder dieser Erde nicht mehr abhängig sind von den Energielieferungen der zu Marktmachtpreisen vorgeschriebenen Lieferbedingungen der Staats- oder Industriemonopole?

Das Fazit bestimmter industrieller und politischer Kreise ist eindeutig:

Wir müssen das Klima vernichten, bevor es uns vernichtet!

Rüsten wir auf gegen den Killer Nummer eins in der Welt! Aufrüstung gegen das Klima, schafft neue Arbeitsplätze in der Luft- und Raumfahrt. Bodentruppen produzieren Reflektorscheiben und Schwefel. Die Metall- und Chemiebranche wird sich neuen Herausforderungen stellen dürfen.
In vielleicht 6 Jahren wird der 5. Weltklimabericht erscheinen und wir werden feststellen, dass weltpolitisch nicht viel erreicht wurde in der Klimafrage. In der Zwischenzeit werden aber sicher noch viele „gute“ Vorschläge aus wissenschaftlichen Kreisen kommen, wie man dem Klima und dem Planeten den Gar ausmachen kann.

Sonnige Grüße
Dietmar Helmer
www.buergerstrom.org

Dienstag, Januar 23, 2007

Nachhaltige Entwicklung - sustainable development

Nachhaltige Marktwirtschaft

Die in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte vorwiegend ausgeübten Wirtschaftssysteme "Freie Marktwirtschaft", "Soziale Marktwirtschaft" und "Zentralverwaltungswirtschaft“ (landläufig auch Planwirtschaft genannt) zeigen auf, dass diese Systeme an ihre Grenzen stoßen, weil sie kein ganzheitliches Bild des globalen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und umweltrelevanten Handelns betrachten.

Je nach ideologischer Vorstellung werden der Monetarismus, der Keynesianismus oder der Marxismus als Grundlage für ein wirtschaftliches Geschäftsmodell genutzt, um zu versuchen, Wachstum und Wohlstand zu mehren.

Bei diesen und anderen Denkmodellen geht es im Wesentlichen nur um die Märkte für Güter- und Dienstleistungen, Märkte für Geld und Kapital(-verkehr) oder um Arbeitsmärkte. Es wird versucht, die Märkte für Gesundheit und Renten als Sozialmärkte einzubeziehen. Letztlich sind Sozialmärkte aber auch nur Teilmärkte der vorgenannten drei Markttypen. Ein ganz wesentlicher Markt wurde in diesen Betrachtungen bisher weitgehend außer Acht gelassen: der Umweltmarkt. Da die Umwelt selbst keine Kostenrechnung aufstellen kann, wird ein wesentlicher Teil der Kosten, die bei der Beschaffung, Herstellung und dem Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen entstehen, nicht berücksichtigt. Diese externen Kosten werden in der volkswirtschaftlichen wie auch in der betriebswirtschaftlichen Gesamtrechnung sträflich vernachlässigt.

Die Schwächen der drei vorgenannten Wirtschaftssysteme liegen offenkundig in der Tatsache begründet, dass man die Umwelt bisher nicht als Marktteilnehmer wahrnehmen will. Alles Handeln - Tun oder Unterlassen - findet statt zwischen Menschen, Unternehmen, Staaten und Organisationen. Markt findet dort statt, wo jemand eine Forderung stellen kann, meistens in Form von Geld. Da die Umwelt keine Rechnung stellt, bleibt Sie als Marktteilnehmer bisher unbeachtet.

Mit dem Begriff Nachhaltige Marktwirtschaft wird auch der Marktteilnehmer Umwelt in das marktwirtschaftliche Geschehen eingebunden. Leider gibt es bis heute (Stand Januar 2007) in der wissenschaftlichen Diskussion noch keine Persönlichkeit, die Nachhaltige Marktwirtschaft zu erklären versucht. Themen wie Klimawandel, Nachhaltigkeit, Nachhaltige Entwicklung lassen sich erst dann ernsthaft weiterentwickeln, wenn die bisherigen Marktteilnehmer bereit sind, anzuerkennen, dass Umwelt einen Preis hat.

Umwelt ist hierbei weit reichend zu definieren. Ob es um Ressourcen und deren Beschaffung geht, um die Verteilung der Ressourcen, ob es um unser Verhalten beim Energieverbrauch geht oder deren Nutzungsarten. Der Umgang mit der Natur - Flora wie Fauna – oder unsere Bereitschaft, Klima schädigendes Verhalten hinzunehmen oder einzudämmen, all diese Aspekte sind zu berücksichtigen.
Umwelt bedeutet aber auch Rücksichtnahme auf andere Regionen und Gesellschaften, sei es bei der Beanspruchung von Ressourcen oder der Herstellung und Verteilung von Gütern, Dienstleistungen aber auch Kapital. Nachhaltige Marktwirtschaft ist ein komplexer Begriff, der hoffentlich bald von vielen Autoren weiterentwickelt wird, damit er Einzug in die gesellschaftlichen Lebensweisen findet und sich die Wissenschaft endlich fundiert mit der „Königin der Marktwirtschaft“ – „Nachhaltige Marktwirtschaft“ beschäftigt.


Schon der Begriff in seiner Ursprünglichkeit selbst: „nach - halten - Markt – wirtschaften“ gibt ein Selbstverständnis:

Nach:
Bei jeder heutigen wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Handlungsweise wird auch die Frage nach den Folgen dieser Handlungsweise für die Zukunft gestellt.

Halten:
(Nach)halten ist hier im Sinne von Erhalten zu verstehen. Jedes Tun oder Unterlassen hat Auswirkungen auf die Umgebung. Wenn diese individuelle Handlung positiv auf die Umgebung wirkt durch Schaffung von Mehrwert und Wachstum, kann sich Marktwirtschaft entfalten. Wird aber, wie es bisher geschieht, außer Acht gelassen, dass dieser vordergründige Mehrwert auch negative Auswirkungen hat (z.B. Klimawandel) und den Preis dafür andere zu bezahlen haben, dann entsteht kein wirklicher Mehrwert. Profit einzelner Marktteilnehmer zu Lasten anderer, die das Geschäft nicht beeinflussen können, ist nicht nachhaltig (für die Gesellschaft und die Umwelt).

Markt:
Es gibt dutzende Definitionen von Markt. Unstrittig sollte sein, dass ein Markt funktionieren sollte, insbesondere um einen Mehrwert für die Individuen aber auch für die Gesellschaft zu erreichen. Monopolmärkte zeigen Marktversagen an. Insbesondere bei den Ressourcen (Öl, Gas, Kohle, Uran) und deren Vertriebsstrukturen kann man in der Neuzeit die Fehlentwicklungen - auch aufgrund politischer Fehleinschätzungen - erkennen. Die Energiegewinnung, Energiebereitstellung und Energieversorgung sind eine entscheidende Grundlage jedes Wirtschaftssystems, deshalb wirken sich die weiter voranschreitenden Monopolisierungen in diesen Bereichen letztlich negativ auf die Wirtschaftssysteme aus.

Wirtschaft:
Im Sinne von wirtschaften, haushalten. Dies bedeutet eben auch neue Wege gehen. Die bisherigen Marktteilnehmer müssen mehr die Wechselbeziehungen beachten. Durch die Globalisierung ist wirtschaftliches Handeln komplexer geworden. Insbesondere müssen die Marktteilnehmer (Menschen, Unternehmen, Staaten, Organisationen) anerkennen, die Umwelt als neuen Marktteilnehmer vollständig in ihre betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Rechnungen zu integrieren. Die externen Kosten für Umwelt sind in der Praxis doch schon längst teilweise zu internen Kosten geworden. Allerdings werden die Kosten in der Regel erst dann kalkuliert, wenn sie zu einem Schaden bei einem Marktteilnehmer geführt haben oder die Marktteilnehmer durch Gesetze Auflagen erhalten.

In jüngerer Zeit tauchen neue Disziplinen in den Wirtschaftswissenschaften auf. Durch die Überlegungen in der Spieltheorie, der Hirnforschung, der Sozialforschung, wird der Versuch unternommen, die Komplexität wirtschaftlichen Handelns besser erklären zu können.


Definitionen und ausführliche Hintergründe zu den Begriffen Nachhaltigkeit und Nachhaltige Entwicklung (sustainable development) finden Sie unter www.learn-line.nrw.de



Bereits 1987 hat die von der UNO eingesetzte „Brundtland-Kommission“ versucht, Nachhaltigkeit zu erklären:

1. "Entwicklung zukunftsfähig zu machen, heißt, dass die gegenwärtige Generation ihre Bedürfnisse befriedigt, ohne die Fähigkeit der zukünftigen Generation zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können".

2. "Eine zukunftsfähige Entwicklung ist ein Prozess der Veränderung, in dem die Nutzung der Ressourcen, die Struktur der Investitionen, die Orientierung des technischen Fortschrittes und die institutionellen Strukturen konsistent gemacht werden mit den zukünftigen und den gegenwärtigen Bedürfnissen."


Im Rahmen der UNO- Konferenz in RIO im Jahre 1992 wurde der Weg als "Nachhaltige Entwicklung" definiert. Es sollen die ökonomischen, sozialen und ökologischen Belange so miteinander verbunden werden, dass die heutigen Generationen nicht zum Nachteil der nachfolgenden Generationen handeln. Die Deklaration von RIO ist wegweisend für diese Zusammenhänge.

Präambel: Die Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung zusammengekommen in Rio de Janeiro vom 3. bis 14. Juni 1992, in Bekräftigung der am 16. Juni 1972 in Stockholm verabschiedeten Erklärung der Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen sowie in dem Bemühen, darauf aufzubauen, mit dem Ziel, durch die Schaffung von neuen Ebenen der Zusammenarbeit zwischen den Staaten, wichtigen Teilen der Gesellschaft und der Bevölkerung eine neue und gerechte weltweite Partnerschaft aufzubauen, bemüht um internationale Übereinkünfte, in denen die Interessen aller geachtet werden und die Integrität des globalen Umwelt- und Entwicklungssystems geschützt wird, in Anerkennung der Unteilbarkeit der Erde, unserer Heimat und der auf ihr bestehenden Wechselbeziehungen stellt fest:

Grundsatz 1: Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Bemühungen um eine nachhaltige Entwicklung. Sie haben das Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur.


Seit nunmehr 20 Jahren haben die Staaten erkannt und durch Proklamationen anerkannt, dass es notwendig ist, die derzeitigen Marktmechanismen auch in Einklang mit der Natur zu bringen. Allerdings scheint kaum eine Gesellschaft bereit zu sein, den Preis für diese Einsicht anerkennen zu wollen.

Im November 2006 wurde der „Stern-Report“ veröffentlicht, der aufzeigt, welche Folgen für unsere Wirtschaftssysteme auf uns zukommen können. Wenn wir heute nicht bereit sind, den Preis zu bezahlen, der für den wirtschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Marktwirtschaft und den Energiewandel zu bezahlen ist, werden wir mehrfach diese Kosten zu tragen haben. Allein die durch die Monopolwirtschaft initiierten Preiserhöhungen in den Jahren 2000 bis 2006 auf den weltweiten Energiemärkten, die von Unternehmen und Börsen verantwortet wurden, reichten aus, um den Energiewandel auf erneuerbare Energien in den nächsten 20 Jahren massiv voranzubringen. Obwohl es keine natürlichen knappen Märkte gab und die Rohstoffe ausreichend weltweit zur Verfügung standen, haben sich die Preise teilweise vervielfacht. Was wird erst geschehen, wenn wir bei steigender Nachfrage nach Rohstoffen auf ein tatsächlich knappes Angebot stoßen?

Nachhaltige Marktwirtschaft berücksichtigt diese Tatsache bereits heute.Politische Parteien versuchen vereinzelt die Popularität der Begriffe Nachhaltigkeit und Nachhaltige Marktwirtschaft für sich zu vereinnahmen. Dies tun Sie aber nur vordergründig, um Ihre Wählerschichten zu beruhigen. Zu nachhaltigen Reformen sind Sie nicht bereit.

In Deutschland wird dies dadurch deutlich, dass keine der angekündigten Reformen den Stempel der Nachhaltigkeit erhalten kann. Eine grundlegende Steuerreform wurde von den Interessengruppen verhindert. Die Reform der Sozialversicherungssysteme wird zu weiter steigenden Kosten führen, ohne an den Kern der Problemstellungen heranzugehen. Selbst die von der Politik erkannte Notwendigkeit der Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Rahmen der zweiten Handelsperiode von 2008 bis 2012 führt zu heftigem Streit mit der Monopolindustrie. Durch die globalisierten Strukturen der Großunternehmen sind die Handlungsmöglichkeiten einzelner Staaten eingeschränkt. Ordnungspolitik einzelner Gesellschaften ist nur noch schwer durchsetzbar, da hierdurch Wettbewerbsverzerrungen befürchtet werden.

Nachhaltige Marktwirtschaft, das heißt die Einbeziehung des Marktteilnehmers Umwelt und bedeutet die Bereitschaft der Marktteilnehmer

- Menschen (z.B. heutige Sozialstaatsleistungen, Sicherung auch für künftige Generationen),

- Unternehmen (z.B. Produktionskostenkalkulation incl. der Umweltschäden durch Produktionsverfahren bei Herstellung und Vertrieb, Transportkosten),

- Staaten (z.B. Fehlentwicklungen in der Steuer- und Abgabenpolitik korrigieren) und

- Organisationen 1. staatliche Organisationen (z.B. Durchsetzung von als notwendig erkannten Maßnahmen zum Klimaschutz durch EU, UNO u.a.) und 2. private Organisationen (z.B. Stiftungen, die ihr Anlageverhalten der Stiftungsvermögen nach ethischen Maßstäben ihres Stiftungszweckes überprüfen),

zugunsten der Gesamtheit aller Marktteilnehmer, eigene Bedürfnisse zu begrenzen.
Der Mensch steht im Mittelpunkt … im Einklang mit der Natur (Grundsatz 1 der Deklaration von Rio 1992). Dieser Standpunkt sollte in einer modernen Betriebs- und Volkswirtschaftslehre endlich Einzug finden und in politischen Handlungsanweisungen aktiv vorangebracht werden.

Autor:
Dietmar Helmer im Januar 2007

Weblinks:
www.nachhaltigkeit.at
www.nachhaltigkeit.info
www.nachhaltigkeitsrat.de
www.learn-line.nrw.de
www.runic-europ.org
www.nachhaltige-marktwirtschaft.info
www.buergerstrom.org